Wer als Verbraucher Kreditverträge aus den Jahren 2002 bis 2010 für Bauvorhaben widerrufen will, hat nur noch bis zum 21.06.2016 Zeit – Zeitliche Beschränkung des Widerrufsrechts durch die Regierung – Einsparungen können erheblich sein.

Des einen Freud, des anderen Leid – Während die historisch niedrigen Zinssätze für Sparer und Anleger ein Problem darstellen, dürfen sich z.B. Bauherren über die günstigen Kreditzinsen freuen. Deutlich weniger groß ist aber die Freude von Bauherren, die auf, im Vergleich zum derzeitigen Zinsniveau, hochverzinslichen Altverträgen sitzen.  Laufzeitbindung und Vorfälligkeitsentschädigung machen einen Ausstieg aus dem Altvertrag praktisch unmöglich und so sehen sich viele Bauherren gezwungen, noch auf Jahre diese Altverträge bedienen zu müssen. Zu einem großen Teil allerdings zu Unrecht.  Der Knackpunkt ist die Widerrufsbelehrung über den Vertrag. Denn wenn diese Widerrufsbelehrung fehlerhaft ist, hat die Widerrufsfrist (in aller Regel 14 Tage) noch gar nicht zu laufen begonnen und der Widerruf kann daher noch jederzeit erklärt werden. Dies hat zur Folge, dass die Bank keine Vorfälligkeitsentschädigung verlangen kann, wenn das Vertragsverhältnis auf diese Art beendet wird. Fehlerhafte Widerrufsbelehrungen sind dabei auch keineswegs seltene Ausnahmen, Verbraucherschützer schätzen, dass mehr als die Hälfte aller Widerrufsbelehrungen falsch und somit unwirksam sind.

Für Verträge aus den Jahren 2002 bis 2010 galt dieses Widerrufsrecht bislang quasi bis in alle Ewigkeit. Nun aber hat die Bundesregierung ein neues Gesetz erlassen, dass diese „Ewigkeit“ dramatisch beschränkt. Wer für diese Altverträge den Widerruf erklären will, hat nur noch Zeit bis zum 21.06.2016.

Das ist konkret zu tun:

 

Prüfen Sie Ihren Darlehensvertrag. Stammt er aus dem Zeitraum 01.09.2002 – 11.06.2010?

Prüfen Sie die Widerrufsbelehrung anhand der Musterwiderrufsbelehrungen. 

Diese sind im Internet abrufbar. Je nach Zeitpunkt des Vertragsschlusses ist entscheidend, welche der Musterwiderrufsbelehrungen für Sie einschlägig ist.

Ist die Widerrufsbelehrung Ihres Vertrages absolut identisch mit der jeweils geltenden Musterwiderrufsbelehrung?

Wenn die Widerrufsbelehrung Ihres Vertrages identisch mit der jeweils geltenden Musterwiderrufsbelehrung ist, hat der Widerruf keinen Sinn. Sollten Sie jedoch Abweichungen von der Musterwiderrufsbelehrung feststellen, sind Sie ein Kandidat für den Widerruf. Selbst geringfügige und unerheblich erscheinende Abweichungen von den Musterwiderrufsbelehrungen können diese Belehrung bereits unwirksam machen. Die Gerichte haben in den meisten Fällen sehr kundenfreundlich entschieden.

Beispiele für solche unerheblich erscheinende Abweichungen von den Musterwiderrufsbelehrungen sind z.B. fehlerhafte oder missverständliche Fristangaben. So wurde der harmlose Satz „Die Frist beginnt frühestens mit dem Erhalt dieser Belehrung“  vom BGH als fehlerhafte Fristangabe betrachtet. Das unscheinbare Wörtchen „frühestens“ könnte beim Vertragspartner missverständlich aufgenommen werden (Urteil des BGH vom 01.12.2010, Az.: VIII ZR 82/10). Auch ergänzende Formulierungen können  schädlich sein, wenn sie für den Darlehensnehmer verwirrend sind (Urteil des BGH vom 10.03.2009, Az. XI ZR 33(08). Selbst ergänzende Fußnoten in der Widerspruchsbelehrung wurden von mehreren Gerichten bereits als ausreichend für eine fehlerhafte Widerspruchsbegründung angesehen. Als fehlerhaft gilt die Widerspruchsbelehrung auch, wenn keine Anpassung an den konkreten Vertragstypus vorgenommen wurde, sondern in der Widerrufsbelehrung mehrere Vertragsarten aufgeführt werden (Urteil des LG Köln vom 17.09.2013, AZ 21 O 475/12). Vor kurzem hat der BGH jedoch entschieden, dass eine Widerrufsbelehrung für mehrere Vertragsarten statthaft ist, wenn durch Ankreuzen des konkreten Vertragstypus eine Eindeutigkeit besteht. Als ganz eindeutige Fehler gelten dagegen fehlerhafte oder fehlende Hinweise auf die Rechtsfolgen des Widerspruchs. Derartige Fehler führen letztlich immer zu einer Unwirksamkeit der Widerspruchsbelehrung. 

Sichern Sie sich eine Anschlussfinanzierung!

Bevor sie den Vertragsabschluss widerrufen muss gesichert sein, wie es mit der Finanzierung weiter geht. Ein erfolgreicher Widerspruch bewirkt, dass der gesamte Darlehensvertrag rückabzuwickeln ist. Sie erhalten sämtliche von Ihnen geleisteten Tilgungs- und Zinszahlungen vom Kreditinstitut zurück, ebenso ein eventuelles Agio oder Disagio und die eventuell angefallenen Bearbeitungsgebühren. Im Gegenzug müssen Sie natürlich die gesamte erhaltene Darlehenssumme an das Kreditinstitut zurückzahlen, zuzüglich einer marktüblichen Verzinsung für den Darlehensbetrag. Diese marktübliche Verzinsung kann, muss aber nicht niedriger sein als die Verzinsung, die in Ihrem Vertrag vereinbart wurde. Durch Erklärung der Aufrechnung können diese Beträge saldiert werden. Wenn Sie in der glücklichen Lage sind, die Restfinanzierung aus eigenen Mitteln zu stemmen, haben Sie kein Problem, wenn nicht, sollten Sie sich unbedingt eine entsprechende Anschlussfinanzierung sichern.  

Wenn Sie Kandidat für eine erfolgversprechende Ausübung des Widerrufs sind und die Anschlussfinanzierung gesichert ist, üben Sie Ihr Widerrufsrecht in Textform aus. Bedenken Sie, der Widerruf muss Ihrem Kreditinstitut rechtzeitig zugehen, d.h. spätestens am 21.06.2016 zu den üblichen Geschäftszeiten. Warten Sie nicht bis zur sprichwörtlichen letzten Minute. 

Je nach Zinssatz, Laufzeit und Höhe der Kreditsumme  können die Einsparungen dabei ganz schnell den fünfstelligen Bereich erreichen. Eine Beschäftigung mit diesem Thema lohnt sich für Betroffene daher jeden Fall.