Medienberichten zufolge, könnten alle seit dem Jahr 2009 verabschiedeten Änderungen der Straßenverkehrsordnung (StVO) ungültig sein. Das berichtet die „Neue Osnabrücker Zeitung“ unter Berufung auf eine interne Einschätzung des baden-württembergischen Justizministeriums. Das Justizministerium hat in einem Schreiben an das Verkehrsministerium die Bedenken geäußert, dass Reformen der StVO nach dem Jahr 2009 ähnliche Fehler enthalten könnte, wie der zuletzt abgeschaffte Bußgeldkatalog. Grund dafür sei die Missachtung des sogenannten Zitiergebots des Grundgesetzes.
Doch was genau ist das Zitiergebot?
Das Zitiergebot ist verankert in Art. 19 I 2 GG. Es sieht vor, dass soweit ein Grundrecht durch oder aufgrund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, auch das jeweilige Grundrecht im Gesetz unter Angabe des Artikels genannt werden muss. Es hat die Funktion, den Gesetzgeber davor zu bewahren, ungewollt in die Grundrechte der Bürger einzugreifen. Wird es nicht eingehalten, ist das Gesetz formell verfassungswidrig. Vereinfacht gesagt: der Gesetzgeber muss angeben, aufgrund von welcher Norm er das Recht hat, die neue Norm zu erlassen und damit in die Grundrechte des Bürgers einzugreifen.
Die Reform der StVO erfolgte aber nicht per Gesetz, sondern durch eine Verordnung. Das bedeutet, das Parlament wurde nicht beteiligt. Das ist im Grunde zulässig. Es erfordert jedoch, dass eine sog. „Verordnungsermächtigung“ besteht, aus der sich ergibt, welche Stellen im Gesetz durch die Verordnung geändert werden dürfen. Das besagt das Zitiergebot.
Wo liegt das Problem?
Das Problem liegt im Inhalt der Neuregelungen in der StVO. Diese sahen vor, dass bereits bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung von 21 km/h Fahrverbote erlassen werden dürfen. Nach § 26a I Nr. 3 StVG hat das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur auch das Recht, Regelungen über Fahrverbote zu erlassen. Das Problem ist nun, dass es in der StVO nicht ausdrücklich auf dieses Recht hingewiesen hat. Darin kann eine Missachtung des Zitiergebots liegen, welche zu einer Verfassungswidrigkeit der neuen StVO führen könnte.
Das baden-württembergische Verkehrsministerium schrieb nun an das Bundesverkehrsministerium, dass es auch in vorherigen Neuerungen Verstöße gegen das Zitiergebot gegeben haben könnte.
Wie sieht die Lage nun aus?
Würden in den vorherigen Neuerungen Verstöße gegen das Zitiergebot bejaht werden, müsste die Fassung der StVO gelten, welche bis zum 31. August 2009 in Kraft war. Diese stammte vom 16. November 1970 und ist wohl sicher nicht mehr zeitgemäß. Es gibt jedenfalls auch eine andere Auffassung. Der ADAC ist der Auffassung, dass die Ermächtigungsgrundlagen korrekt angeführt wurden, und damit keine Fehlerhaftigkeit vorliege. So sieht das auch das Bundesverkehrsministerium. Die umstrittene Rechtslage würde gelten. Was nun genau gilt, wurde noch nicht festgestellt.
Was tun, wenn man nun einen Bußgeldbescheid bekommt?
Diese Neuigkeiten führen zu Rechtsunsicherheiten für alle Verkehrsteilnehmer. Es stellt sich daher die Frage, was man nun tun soll, wenn man einen Bußgeldbescheid bekommt?
Einspruch einlegen!
Zunächst empfiehlt es sich, gegen den Bußgeldbescheid Einspruch einzulegen. Er wird daraufhin erneut geprüft.