Ein potentieller Verkehrssünder hat im Zweifel Anspruch auf Einsicht in die sogenannten „Rohmessdaten“. Im Jahre 2019 waren die Blitzgeräte der Firma Jenoptik, TraffiStar S350, in Verruf geraten, weil diese keine Rohmessdaten speicherten. Gerade in Süddeutschland, insbesondere im Landkreis Konstanz, werden fast ausschließlich diese Geräte verwendet. Der Hersteller gelobte schnelle Besserung. Ob und welche Geräte bis heute nachgerüstet sind, ist so bis heute nicht bekannt.

 

Die hiesige Rechtsprechung hat die rechtlichen Bedenken weggewischt und sah keinen Informationsbedarf bei standardisierten Messverfahren, weil dort die Richtigkeit des gemessenen Geschwindigkeitswertes „indiziert“ sei. Das ist es aber nicht, wenn Zweifel an der gemessenen Geschwindigkeit bestehen. Dann muss der Betroffene, schon nach dem Grundsatz der prozessualen Waffengleichheit und eines fairen Verfahrens, Einsicht in die gesamten Unterlagen haben und in die sogenannten Rohmessdaten, aus denen sich die Geschwindigkeitserrechnung ergibt.

 

Das hat das Bundesverfassungsgericht in einer Entscheidung vom 12.11.2020 gerade mitentschieden, als es bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung eines Autofahrers von 30 km/h und einem damit verbundenen Fahrverbot eine „reduzierte Sachverhaltsaufklärung“ ablehnte. Das Bundesverfassungsgericht baut Betroffenen eine „goldene Brücke“, indem diese bei konkreten Anhaltspunkten für technische Fehlfunktionen des Messgeräts einen Beweisantrag stellen können und entsprechend vortragen können. In diesem Fall hat der Betroffene Anspruch auf Einsicht in die „Lebensakte“ des verwendeten Messgeräts, dem Eichschein und die sogenannten Rohmessdaten. Sind solche nicht vorhanden, wäre regelmäßig freizusprechen.

 

[BVerfG, Beschluss vom 12.11.2020, 2 BvR 1616/18]