Unsere Dienstaufsichtsbeschwerde zum Vorgehen und Verhalten des 6. Senats des Oberverwaltungsgerichts Sachsen hat sich bereits mit Schreiben vom 13.11.2020 abschließend geäußert mit dem allgemeinen Hinweis, dass Richter in ihrer Unabhängigkeit nicht beeinträchtigt werden dürfen. Die Sache werde deshalb erst gar nicht verfolgt.

 

Da sich das Präsidium des Oberverwaltungsgerichts mit den aufgeworfenen Fragen, insbesondere einer möglichen Voreingenommenheit der Richter überhaupt nicht befasst hat, war dies nun Anlass zur Erhebung einer weiteren Beschwerde beim Sächsischen Staatsministerium der Justiz zur Klärung der aufgeworfenen Punkte. Sollte auch das Staatsministerium keinerlei Handlungsbedarf sehen, dann soll die Beschwerde wenigstens als Petition an den Landtag zu werten sein.

 

Die von uns eingelegte Beschwerde geht über den Einzelfall weit hinaus. Das Sächsische Oberverwaltungsgericht hat jedoch eine inhaltliche Stellungnahme verweigert. Auffällig war noch, dass die Antwort vom Vizepräsidenten kam. Das ist letztlich auch gut so, weil der Präsident selbst Herausgeber der Sächsischen Verwaltungsblätter ist, die ebenfalls Gegenstand der Untersuchung sein sollen.

 

Die weitere Beschwerdeschrift finden Sie nachfolgend:

 

Sehr geehrte Frau Justizministerin,

sehr geehrte Damen und Herren,

 

in vorbezeichneter Angelegenheit überlasse ich Ihnen meine Dienstaufsichtsbeschwerde vom 10.11.2020 betreffend die Richter des 6. Senats des Sächsischen OVG, allen voran Richter Matthias Dehoust bezüglich der Entscheidung Querdenker-Demonstration am 07.11.2020 in Leipzig. Die Entscheidung hat bekanntlich hohe Wellen geschlagen und auch die Justiz, insbesondere die sächsische Justiz, massiv beschädigt.

 

Dies war Veranlassung meinerseits, gegen die Richter des 6. Senats bezüglich der ergangenen Entscheidung eine Dienstaufsichtsbeschwerde beim Sächsischen Oberverwaltungsgericht einzureichen mit Schreiben vom 10.11.2020. Das Beschwerdeschreiben ist in Anlage beigefügt.

Am 13.11.2020 erhielt ich bereits Rückmeldung, dass der Dienstaufsichtsbeschwerde nicht nachgegangen wird mit einem pauschalen Verweis auf § 26 Abs. 1 DRiG. Es wird Ausführungen gemacht, dass eine Beseitigung einer rechtskräftigen richterlichen Entscheidung nicht möglich sei. Dies war gar nicht Inhalt der Beschwerde. Die Antwort des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts ist daher nur floskelhaft und allgemeiner Natur. Eine Auseinandersetzung mit dem Beschwerdeinhalt hat ganz offensichtlich nicht stattgefunden. Das zeigt auch die spontane Rückäußerung durch den Vize-Präsidenten, der nur eines im Sinn hat, die Sache im Moment schnellstmöglich abzubügeln. Dienstaufsichtsbeschwerden sind aber nicht nach dem Grad der Bequemlichkeit zu bearbeiten.

 

Es wird hiermit nun eine

 

weitere Beschwerde

 

gegen das Präsidium des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts erhoben mit dem Vorwurf, dass die Dienstaufsicht, namentlich Herr Dr. Grünberg, sich nicht ernsthaft mit den Vorwürfen in der Dienstaufsichtsbeschwerde befasst hat. Dieser Umstand ist bereits beklagenswert.

 

Es wird im Rahmen der weiteren Beschwerde erwartet, dass mit den einzelnen Positionen eine inhaltliche Auseinandersetzung stattfindet.

 

Eine Einflussnahme auf das Urteil, das im Übrigen sich durch die Durchführung der Demonstration zeitlich überholt hat, ist an keiner Stelle gefordert. Es wird jedoch erhebliche Kritik an der Urteilsbegründung und an der Herangehensweise des Gerichts an den Tatsachenkomplex geübt.

 

Es wird auf die weitere Bewertung des Unterzeichners zu den Urteilsgründen Bezug genommen, die in Anlage ebenfalls beigefügt ist.

 

Es kann schlechterdings nicht sein, dass ein Richter in einer Stadtmitte eine Corona-Demonstration zulässt und ausschließlich für die Anzahl der Bevölkerung an einem bestimmten Ort nur die Demonstranten heranzieht und die Bewohner und Besucher der Stadt völlig außen vorlässt. Die Missachtung von relevanten Tatsachen und hanebüchene Begründung für die Genehmigung der Demonstration kann den Bereich der Rechtsbeugung streifen. Die Richter haben vordergründig betont, dass auf die Pandemie Rücksicht zu nehmen ist. In der Praxis wird es jedoch im Urteil überhaupt nicht umgesetzt.

 

Für den Fall, dass sich die Kritik des Unterzeichners bestätigt, kann das Oberverwaltungsgericht bzw. das Justizministerium sehr wohl mit den Richtern korrespondieren und anfragen, weshalb bestimmte Tatsachen bewusst oder unbewusst außer Acht gelassen wurden. Die Folge ist, dass es zu massiven kostenintensiven Polizeieinsätzen und Unruhen kam, die vorhersehbar waren.

 

Der Vizepräsident duckt sich aber mit seiner Antwort insgesamt weg.

 

Es war im Rahmen der Beschwerde auch auf die Verbindung des Richters Matthias Dehoust zu der Zeitschrift „Sächsische Verwaltungsblätter“ hingewiesen worden, die in Heft Nr. 11 den Artikel erschienen ließ „Nächste Epidemie Grippe? – Zum Ausstieg aus der Corona-Pandemie“. Hier ist es sogar noch bedenklicher als in der Beschwerdeschrift angegeben. Der Vorsitzende Richter Dehoust ist Mitglied und Vorsitzender der Redaktion der Zeitschrift. Der Präsident des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts, Erich Künzler, ist Herausgeber. Inwieweit dieser Artikel von den Verantwortlichen gesteuert ist, der Artikel gibt politische Grundanschauungen wieder, der wegen der „Verlagsnähe“ zu den Richtern Dehoust und Künzler Zweifel an deren Unparteilichkeit aufkommen lassen. Hierzu äußert sich der Vizepräsident Dr. Grünberg ganz bewusst nicht, weil er voraussichtlich nicht gegen seine „Duz-Kollegen“ vorgehen will. Diese Grundeinstellung lässt Zweifel an der Tauglichkeit des Dr. Grünberg als Vizepräsident aufkommen.

 

Die Problematik lässt aber auch eine Folgefrage aufkommen:

 

Dürfen aktive Richter an einem Oberverwaltungsgericht „nebenberuflich“ als Herausgeber oder Redakteure von Fachblättern tätig sein? Wenn ja, müssten sie sich dann aller Themen, die in der Zeitschrift behandelt werden, sich künftig enthalten? Die vorliegende Nähe zum Sächsischen Verwaltungsblatt führt zu der Befürchtung, dass die Richter mit dem Inhalt des Fachblatts grundsätzlich einverstanden sind und hinsichtlich der dann zu entscheidenden Themen voreingenommen sind, wenn sie zuvor in den Verwaltungsblättern veröffentlicht wurden.

 

Genauso ist es hier. Zwar betonen die Betroffenen immer wieder, dass soweit Richterinnen und Richter eine Zeitschrift herausgeben bzw. in einer Redaktion arbeiten, dies im Privaten erfolgt und nicht Teil ihrer dienstlichen Tätigkeit sei. Ein solches Statement wie das des Pressesprechers des Justizministeriums (wiedergegeben in dem Artikel von FOCUS vom 09.11.2020 „Sein Senat ließ Skandal-Demo zu: Richter verantwortet Corona-Verharmlosung in Zeitung“) lässt die Besorgnis der Voreingenommenheit nicht entfallen. Bestritten wird auch, dass die Tätigkeit in strikter Trennung erfolgt, dass die Richter alles von zu Hause mit ihrem eigenen Equipment tätigen und nicht den Computer des OVG verwenden oder deren Faxnummer usw..

 

Die Richter am OVG werden bereits „fürstlich“ vergütet. Ihre Tätigkeit ist eine Vollzeittätigkeit. In welchem Zeitraum werden dann die Nebentätigkeiten verübt? Sind diese im Einzelfall genehmigt worden? Ist überprüft worden, dass hier keine Überschneidungen stattfinden? Ist es im Interesse der Unabhängigkeit der Richter nicht veranlasst, dass Richter des OVG mit Artikeln, insbesondere mit Aufsätzen in den Sächsischen Verwaltungsblättern, gar nicht in Berührung kommen?

 

Es ist geradezu naheliegend, dass über längere Zeit hinweg die Verwaltungsblätter zur Meinungsmache in eine bestimmte Richtung hin verwendet werden und dann am Ende das OVG bei einer Entscheidung die Literaturmeinung der Verwaltungsblätter zitiert.

 

Meines Erachtens dürften die bei den Sächsischen Verwaltungsblättern tätigen Richter nicht weiter ein Amt beim OVG bekleiden oder umgekehrt.

 

Urteile ergehen immer noch im „Namen des Volkes“ und nicht im „Namen der Verwaltungsblätter“.

 

Sie werden als zuständiges Ministerium hiermit aufgefordert, sich der Problematik ernsthaft und mit Tiefgang anzunehmen.

 

Sollte nach eingehender Prüfung das Justizministerium den Eindruck haben, gegen die „Nebentätigkeiten“ der Richter Dehoust und Künzler keine Handhabe zu haben und unter keinen Umständen die Besorgnis einer institutionellen Voreingenommen nicht sehen, wird beantragt, diesen Problemkreis im Landtag als entsprechende

 

P e t i t i o n

 

vorzulegen mit dem Antrag, aktiven Richtern zu untersagen, neben ihrer richterlichen Tätigkeit an der Herausgabe oder Redaktion von Fachartikeln beteiligt zu sein.

 

 

Mit freundlichen Grüßen

 

 

 

R. Fischer

Rechtsanwalt