Juristische Fallgestaltungen, wie sie in Examensaufgaben oftmals gestellt werden, sind oftmals „schwer um die Ecke gedacht“. Es eignet sich aber auch Fälle aus dem wirklichen Leben für Klausuren- und Examensfragen wie bspw. der folgende Fall: Heute morgen hat das „Frühstücksfernsehen“ und n-tv berichtet, dass in Dänemark ein Künstler Geldscheine im Wert von 70.000,00 € erhalten hat, um hieraus eine Bildcollage zu gestalten. Anstatt die Geldscheine auf eine Leinwand zu kleben, hat der Künstler Jens Haaning dem Kunstmuseum in Aalborg lediglich einige leere Bilderrahmen überlassen mit dem Titel „Nimm das Geld und verschwinde“. Zur Begründung meinte er nur: „Das ist Kunst“.

 

Es stellen sich juristisch 3 Hauptfragen: (1) Hat der Künstler den Auftrag erfüllt? (2) Muss der Künstler die erhaltenen Geldscheine zurückgeben? (3) Wäre das Verhalten des Künstlers in Deutschland strafbar? 

 

Einschätzung Antonia K., Stud. iur. Universität Konstanz, 9. Semester:

 

Der Auftrag des Museums lautete: Die Banknoten als Kunstwerk präsentieren. Das Kunstwerk besteht nun aber gerade darin, dass das Geld nicht ausgestellt wurde. 

 

Das Museum stellte sich vor, dass der Künstler ein ähnliches Werk kreieren würde, wie er es bereits 2007 einmal tat. Auch bei diesem Werk sollte er ein Einkommen darstellen – in dem Fall das durchschnittliche Jahreseinkommen eines Österreichers – und tat dies, indem er die ihm zu Verfügung gestellten Geldscheine und Münzen arrangierte und einrahmte. Dieses Mal sollte er erneut über Einkommensverhältnisse ein Kunstwerk schaffen. Dies tat er auch. Nur nicht über die Jahresgehälter in Österreich und Dänemark, sondern über die Bezahlungen von seinesgleichen – Künstlern. Und diese sei wohl so schlecht, dass es sich eher lohne, dass Geld zu nehmen und zu rennen.

 

Solange Herr Haaning die Geldscheine nach Ablauf der Ausstellung zurückgibt, bewegt er sich meiner Meinung nach noch nicht im strafrechtlich relevanten Bereich. Denn bis die Ausstellung vorbei ist, hat sich der Museumsdirektor mit den leeren Bilderrahmen und der dazugehörigen Notiz zufriedengegeben und somit den vom Künstler vorgenommenen Vertragsbruch quasi vorübergehend genehmigt. Der Direktor gab selbst an, dass der vereinbarte Rückgabetermin des Geldes erst am 14. Januar 2022, nach Beendigung der Zurschaustellung ist. Jedenfalls zieht das ganze Spektakel viele Besucherinnen und Besucher an und durch etliche Presseberichte ist auf jeden Fall die Vergütung von Künstlern in aller Munde und insofern profitiert das Museum wohl auch von dem Alleingang des Künstlers.

Die leeren Rahmen lassen die ganze Welt schmunzeln und regen zum Nachdenken an – bis zum 14. Januar bleibt das Werk wohl vorerst Kunst.

 

Einschätzung Jasmin A., Stud. iur. Universität Konstanz, 9. Semester:

 

Das Museum hat dem Künstler Jens Haaning die Geldscheine mit der Annahme überlassen, er verwende sie zur Gestaltung einer Bildcollage. Stattdessen hat der Künstler das, was eine Collage ausmacht, die Schaffung eines neuen Ganzen durch das Hinzufügen verschiedener einzelner Elemente, völlig verkannt und die Vorstellungen und Vorgaben des Museums dabei untergraben.

 

Ihm obliegt durchaus eine Rückgabepflicht hinsichtlich der Geldscheine, die das Museum im Wege eines Herausgabeanspruchs geltend machen kann.

 

Das Vorgehen des Künstlers hat nichts mehr mit künstlerischer Freiheit zu tun.

Wer der Meinung ist, ein leerer Bilderrahmen sei Kunst, hält wohl auch jeden Dahergelaufenen für einen Künstler.

 

Jens Haaning täuscht vielmehr arglistig über den Einsatz und die Verwendung der Geldscheine und versucht dabei, sein illegales Vorgehen mit der Ausrede „das ist Kunst“ zu vertuschen.

Allem Anschein nach wird er sich mit diesem Vorgehen der Untreue gem. § 266 Abs. 1 StGB und des Betruges gem. § 263 Abs. 1 StGB sowie jedenfalls der Unterschlagung gem. § 246 Abs. 1, 2 StGB strafbar gemacht haben.

 

Einschätzung Letizia D., Stud. iur. Universität Konstanz, 9. Semester:

Ob der Künstler seinen Auftrag erfüllt hat, hängt von dem Inhalt des zwischen ihm und dem Museum geschlossenen Vertrages ab. Da hier ein Erfolg geschuldet ist, handelt es sich um einen Werkvertrag.

Beim Werkvertrag handelt es sich um einen gegenseitigen entgeltlichen Vertrag i.S. d §§ 320 ff. (§ 631 Abs. 1). Der Verpflichtung des Bestellers, bei der Abnahme der Werkleistung die vereinbarte Vergütung zu entrichten, steht die Verpflichtung des Unternehmers gegenüber, das versprochene Werk herzustellen. Hier handelt es sich konkreter gesagt um einen Werklieferungsvertag i.S.d. § 652 BGB. Dass Herr Haaning ein Künstler ist und sich zur Lieferung eines Kunstwerkes verpflichtet hatte, ändert hieran nichts. Auch ein Werk- oder Werklieferungsvertrag mit einem Künstler unterliegt grundsätzlich den Regeln der §§ 631 ff, 651 BGB mit den rechtlichen Folgen, dass der Besteller ein nicht „vertragsgemäß hergestelltes Werk“ (§ 640 BGB) nicht abzunehmen braucht, dass er durch die Lieferung eines solchen seinen Erfüllungsanspruch nicht verliert (§ 362 BGB) und dass er bei nicht rechtzeitiger Herstellung des Werks nach §§ 636, 327 BGB vom Vertrag zurücktreten kann.

Um die Frage beantworten zu können, ob der Künstler seinen Auftrag erfüllt hat, muss also zunächst festgestellt werden, ob Herr Haaning ein „vertragsgemäß hergestelltes Werk“ vorgelegt hat.

Bei einem künstlerisch geprägten Werk kann eine vertragliche Bindung bereits dann bestehen, wenn der Erfolg nur sehr vage bestimmt ist, um dem Künstler weitgehende Freiheiten einzuräumen. Der künstlerisch Schaffende genießt grundsätzlich im Rahmen eines Werk- oder Werklieferungsvertrags eine Gestaltungsfreiheit, die seiner künstlerischen Eigenart entspricht und es ihm erlaubt, in seinem Werk seiner individuellen Schöpferkraft und seinem Schöpferwillen Ausdruck zu verleihen. Wer einen Künstler mit der Herstellung eines Kunstwerks beauftragt, muss sich vorher mit dessen künstlerischen Eigenarten und Auffassungen vertraut machen. Er darf die Abnahme des fertiggestellten Werks nicht deshalb verweigern, weil es nicht seinem Geschmack entspricht. Der Gestaltungsfreiheit des Künstlers entspricht das Risiko des Bestellers, ein Werk abnehmen zu müssen, welches ihm nicht gefällt. Das den vereinbarten Zweckgedanken und die tragende Idee zum Ausdruck bringende Kunstwerk stellt daher grundsätzlich das versprochene Werk i.S.d. § 631 I BGB dar.

Bei dem Vertragsschluss mit einem Künstler bemisst sich die Frage nach dem „vertragsgemäß hergestellten Werk“ also nicht nach einem objektiven Empfängerhorizont, sondern allein nach den Vorstellungen der Vertragsparteien.

Aus dem Sachverhalt ergibt sich, dass vereinbart war, dass Herr Haaning eine Bildcollage aus den 70.000 € gestalten sollte. Diese 70.000 € waren dabei nicht als vereinbarter Werklohn zu verstehen, sondern als Material, welches bei der Bildercollage verwendet werden sollte. Hintergrund dieser Bildercollage, war ein altes Werk Haanings, in dem es um ein Jahresgehalt in Dänemark und in Österreich ging. In diesem Werk war dies durch dänische und Euro-Geldscheine dargestellt worden. Das Museum hatte Haaning die Summe geliehen, um dieses Werk zu rekonstruieren. Vereinbarter Zweckgedanke war damit neben der Erschaffung einer Bildercollage als vereinbartes Werk auch, dass auf die Bezahlung von Dänen und Österreichern aufmerksam gemacht wird.

Auf welche Art und Weise die Geldscheine konkret verwendet werden sollten, liegt dabei aber im Ermessen des Künstlers. Dieser hat die Geldscheine, anstatt sie als Material zu verwenden, in den Kauf von Bilderrahmen investiert und die restlichen Scheine einbehalten. Auf diese Weise möchte er ein Zeichen setzten dahingehend, dass die Bezahlung in den genannten Ländern immer schlechter wird, da die Arbeitgeber immer mehr auf ihren eigenen Vorteil bedacht sind. Die tragende Idee welche das Kunstwerk ausstrahlen soll, auf welche sich die Parteien auch geeinigt haben, ist daher nicht verloren gegangen. Wie er das bereitgestellte Material konkret benutzt, liegt dabei allein im Interpretationsspielraum des Künstlers.

Damit hat der Künstler seinen Auftrag erfüllt.

In Betracht kommt ein Rücktritt wegen Störung der Geschäftsgrundlage. Auf Grundlage dessen kann die Herausgabe der Scheine gefordert werden.

Fraglich ist, ob eine Störung der Geschäftsgrundlage vorliegt.

Nach einer ständig gebrauchten Formel wird die Geschäftsgrundlage gebildet durch die nicht zum eigentlichen Vertragsinhalt erhobenen, bei Vertragsabschluss aber zutage getretenen gemeinsamen Vorstellungen beider Vertragsparteien oder die dem Geschäftsgegner erkennbaren und von ihm nicht beanstandeten Vorstellungen der anderen Vertragspartei von dem Vorhandensein oder dem künftigen Eintritt gewisser Umstände, auf denen der Geschäftswille der Parteien aufbaut. Soweit es sich um grundlegende gemeinsame Vorstellungen der Parteien handelt, liegt in der Tat regelmäßig eine Geschäftsgrundlage i.S.d. § 313 BGB vor. Problematisch sind jedoch die Fälle bloß einseitiger Vorstellungen, die für den Geschäftsgegner lediglich erkennbar waren und von ihm nicht beanstandet wurden. Denn einseitige Motive werden grundsätzlich auch dann nicht geschäftserheblich, wenn sie dem Vertragspartner mitgeteilt werden. Etwas anderes gilt lediglich dann, wenn das Risiko einer Fehlvorstellung ausnahmsweise nicht von der üblichen Risikoverteilung des Vertrages erfasst ist und der Vertragspartner das Motiv dar anderen Partei nach Treu und Glauben als gemeinsame Geschäftsgrundlage akzeptieren muss.

An dieser Stelle kommt wieder die Gestaltungsfreiheit des Künstlers zu tragen. Nach dieser darf der Künstler zwar hauptsächlich inhaltlich das Werk bestimmen, darf aber nicht so weit ausgedehnt werden, dass der Vertragspartner des Künstlers im Falle von finanziellen Einbußen schutzlos ist. Hier ist auch zu beachten, dass es sich bei den 70.000 € gerade nicht um den Lohn von Herrn Haaning gehandelt hat, sondern um das „Werkmaterial“ welches ihm von dem Museum zur Verfügung gestellt wurde. Das Risiko, dass sich der Vertragspartner die Geldscheine einverleibt ohne sie bei der Herstellung des Werkes im Sinne des Museums zu verwenden ist damit nicht von der üblichen Risikoverteilung des Vertrages umfasst. Haaning muss akzeptieren, dass die Verwendung der Geldscheine in der Bildercollage wie beim Vorgängerwerk zur Geschäftsgrundlage gehört.

Damit stellt das Einverleiben der Geldscheine eine Störung der Geschäftsgrundlage dar. Das Museum kann von dem Vertrag zurücktreten und die Herausgabe der Geldscheine verlangen.

(Angenommen der Künstler würde sich die Scheine dauerhaft einverleiben)

Haaning könnte sich durch den Vertragsschluss wegen Betruges nach § 263 I StGB strafbar gemacht haben.

I. Tatbestand

1. Objektiver Tatbestand

a) Täuschung über Tatsachen

Haaning müsste die Geldgeber über Tatsachen getäuscht haben.

Eine Täuschung ist jedes Einwirken auf das Vorstellungsvermögen eines anderen mit dem Ziel der Irreführung über Tatsachen. Tatsachen sind alle Zustände der Gegenwart oder Vergangenheit die dem Beweis zugänglich sind.

Haaning hat hier bei dem Vertragsschluss und der Annahme der 70.000 € konkludent erklärt, dass er das Geld verwenden würde um es in der Bildercollage als Material zu verwenden. Er hat damit auf das Vorstellungsvermögen der Vertreter des Museums eingewirkt. Das verwenden des Geldes für einen bestimmten Zweck ist dabei eine Tatsache über welche getäuscht wurde.

b) Kausal durch die Täuschung hervorgerufener Irrtum

Die Vertreter des Museums müssten einem Irrtum unterlegen haben.

Ein Irrtum ist jede kausal durch die Täuschung über Tatsachen hervorgerufene Fehlvorstellung.

Hier unterliegen die Vertreter des Museums der Fehlvorstellung, dass die Gelscheine in der Bildercollage verwendet werden.

Ein Irrtum liegt damit vor.

c) Vermögensverfügung infolge des Irrtums

Fraglich ist, ob auch eine Vermögensverfügung gegeben ist.

Eine Vermögensverfügung ist jedes Tun, Dulden oder Unterlassen welches sich unmittelbar vermögensmindernd auswirkt.

Vorliegend ist die Herausgabe der Geldscheine ein Tun der Museumsvertreter, welches sich bei diesen unmittelbar vermögensmindernd auswirkt.

Eine Vermögensverfügung liegt vor.

d) Vermögensschaden infolge der Vermögensverfügung

Ein Vermögensschaden liegt nach dem Prinzip der Gesamtsaldierung vor, wenn das Vermögen des Geschädigten nach der Vermögensverfügung geringer ist als davor.

Hier liegt nach der Herausgabe der Geldscheine ein Negativsaldo in Höhe von 70.000 € vor. Ein Vermögensschaden ist zu bejahen.

2. Subjektiver Tatbestand

Haaning handelte mit Wissen und Wollen bezüglich aller Tatumstände und damit vorsätzlich. Er handelte auch in der Absicht, sich selbst zu bereichern.

II. Rechtswidrigkeit

Haaning handelte rechtswidrig.

III. Schuld

Ein eventueller Verbotsirrtum ist wegen Vermeidbarkeit nicht einschlägig.

Haaning handelte schuldhaft.

IV. Ergebnis

(Angenommen er würde die Geldscheine behalten)

Haaning hat sich wegen Betruges gemäß § 263 I StGB strafbar gemacht.

 

Einschätzung Nicole T., Bachelor of Laws Fern-Universität Hagen, 3. Fachsemester:

 

Geschuldet war ein Werk in Form einer Collage, die aus den Geldscheinen angefertigt werden sollte. Eine Collage zeichnet sich dadurch aus, dass verschiedenes Papier oder Material auf ein Bild geklebt wird. Der Künstler mag in seiner künstlerischen Gestaltung zwar frei sein, leere Bilderrahmen zu überlassen entspricht jedoch keiner Collage. Dementsprechend hat der Künstler, mangels erbrachter Collage, den Auftrag des Museums auch nicht erfüllt.

 

Eine Rückgabe der erhaltenen Geldscheine wäre nur möglich, wenn das Museum das Eigentum an den Geldscheinen nicht verloren hat. Durch die leihweise Überlassung der Geldscheine, geht das Eigentum an den Scheinen nicht verloren. Denkbar wäre allerdings ein Verlust, indem der Künstler die Geldscheine mit seinen eigenen Geldscheinen derart vermischt hat, dass diese nicht mehr klar von seinen identifizier- und abgrenzbar sind oder wenn er die Geldscheine des Museums schon zu einer neuen Sache verarbeitet haben sollte. Liegt kein Eigentumsverlust vor, so hat der Künstler die erhaltenen Geldscheine zurückzugeben. Läge bereits Vermischung oder Verarbeitung vor, dann müsste der Künstler wenigstens Wertersatz leisten.

 

Eine Strafbarkeit wegen Diebstahls dürfte spätestens an der Wegnahme scheitern, denn das Museum hat die Geldscheine dem Künstler freiwillig übergegeben. Möglich wäre aber eine Strafbarkeit wegen Unterschlagung. Maßgeblich ist dabei, ob der Künstler mit Aneignungs- und Enteignungsvorsatz handelte. Das wäre hier der Fall, wenn der Künstler nie vor hatte dem Museum das Geld zurückzugeben und er darüber hinaus das Geld für sich, wenn auch nur vorübergehend, behalten möchte.

 

Einschätzung Nadine H., Bachelor of Laws Fern-Universität Hagen, 3. Fachsemester:

 

Das Kunstmuseum in Alborg, hat dem Künstler Haaning 70.000,00 € in Banknoten geliehen, damit dieser sein altes Kunstwerk, in dem es um das Jahresgehalt in Dänemark und Österreich ging rekonstruiert. Der Künstler hielt die Vereinbarung jedoch nicht ein, statt sein altes Bild zu rekonstruieren, teilte er dem Museum mit das er neue Kunstwerke geschaffen habe mit dem Titel: „Nimm das Geld und verschwinde“ und lieferte nur leere Bilderrahmen.

 

Dies war nicht Teil der vertraglichen Vereinbarung zwischen dem Künstler und dem Museum. Somit hat der Künstler Haaning den Auftrag nicht erfüllt. Auch wenn er als Erklärung abgibt, dass er aufzeigen will, „dass wir auch die Verantwortung haben, die Strukturen, von denen wir ein Teil sind, infrage zu stellen“.

 

Der Direktor des Museums möchte nun allem Anschein nach die leeren Bilderahmen ausstellen und gibt sich mit dem Vertragsbruch vorerst zufrieden und gesteht dem Künstler wohl seine „künstlerische Freiheit“ zu. Danach sei allerdings die Schonfrist vorbei. Meiner Ansicht nach, muss der Künstler Hanning die geliehenen Geldscheine wieder zurückgeben. Diese waren ihm ja auch nur geliehen worden. Sollte er diese nicht zur gesetzten Frist, was im vorliegenden Fall der 16. Januar 2022 ist -Ende der Ausstellung-, so macht er sich des Diebstahls schuldig. Liefert er die Scheine vor Ablauf der Frist ab sehe ich nicht, dass er sich strafrechtlich schuldig gemacht hat. Es stünde allenfalls zivilrechtliche Ansprüche, aufgrund des Vertragsbruches gegen ihn im Raum. 

 

 

Einschätzung RA Fischer:

 

Der Künstler Haaning gab noch folgende Erklärung ab: er zeige damit, dass „wir auch die Verantwortung haben, die Strukturen, von denen wir ein Teil sind, in Frage zu stellen. Wenn die Strukturen komplett unzumutbar sind, müssen wir mit ihnen brechen.“

 

Ich halte das für Unsinn und eine Schutzbehauptung. Nach deutschem Recht dürfte sich der Künstler Jens Haaning wegen Unterschlagung strafbar gemacht haben. Denn die Geldscheine wurden dem Künstler überlassen in der Erwartung, dass er aus ihnen eine Bildcollage erschafft. Genau das hat er nicht getan, sondern vielmehr den Geldgeber „ausgetrickst“ und nur einen leeren Bilderrahmen abgeliefert, quasi das Sinnbild der Plünderung. Der Bildtitel „Nimm das Geld und verschwinde“ ist keine Kunst, sondern das was er gemacht hat. Künstlerisch wäre allenfalls, wenn er das Werk (die leeren Bilderrahmen) bezeichnen würde: „Die gestohlenen Geldscheine“ oder: „penge vaek“. Im normalen Sprachgebrauch sind Unterschlagung und Diebstahl ungefähr das Gleiche. Der Umstand, dass die Geldscheine zweckentfremdet wurden und nicht mehr da sind, würde sich dann in den Bildtitel die gestohlenen Geldscheine manifestieren. Körperlich sieht man nichts (mehr).

 

Noch ein Wort zur Erklärung Haanings: Herr Haaning kann „Strukturen“ in Frage stellen, solange er sich hierbei nicht im Strafrecht bewegt.