Jeder Arbeitnehmer hat nach dem Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) in jedem Kalenderjahr auch dann Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub, wenn er im gesamten Urlaubsjahr arbeitsunfähig krank war. Dies gilt auch, wenn er eine befristete Rente wegen Erwerbsminderung bezogen hat und eine tarifliche Regelung bestimmt, dass das Arbeitsverhältnis während des Bezugs dieser Rente auf Zeit ruht.

So entscheid das Bundesarbeitsgericht (BAG) im Fall einer als schwerbehindert anerkannten Arbeitnehmerin. Diese war von 2001 bis 2009 in der Rehabilitationsklinik der Beklagten als Angestellte beschäftigt. Im Jahr 2004 erkrankte sie und bezog ab Dezember 2004 eine befristete Rente wegen Erwerbsminderung. Bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses nahm sie ihre Tätigkeit für die Beklagte nicht mehr auf. Nach dem TVöD, der auf das Arbeitsverhältnis Anwendung fand, ruht das Arbeitsverhältnis während des Bezugs einer Rente auf Zeit. Zudem vermindert sich die Dauer des Erholungsurlaubs einschließlich eines etwaigen tariflichen Zusatzurlaubs für jeden Kalendermonat des Ruhens um ein Zwölftel. Die Arbeitnehmerin beanspruchte die Abgeltung von 149 Urlaubstagen aus den Jahren 2005 bis 2009. Die Vorinstanzen haben der Klage bezüglich der Abgeltung des gesetzlichen Erholungsurlaubs und des Zusatzurlaubs für schwerbehinderte Menschen stattgegeben, hinsichtlich der Abgeltung des tariflichen Mehrurlaubs dagegen abgewiesen.

 

Die Revision der Beklagten hatte vor dem BAG größtenteils Erfolg. Nach dem BUrlG habe die Arbeitnehmerin nur Anspruch auf Abgeltung des gesetzlichen Erholungsurlaubs und Zusatzurlaubs aus den Jahren 2008 und 2009. In den Jahren 2005 bis 2007 seien die nicht abdingbaren gesetzlichen Urlaubsansprüche trotz des Ruhens des Arbeitsverhältnisses zwar entstanden. Der gesetzliche Mindesturlaubsanspruch stehe nämlich nicht zur Disposition der Tarifvertragsparteien. Die tarifliche Regelung sei daher unbeachtlich. Allerdings stehe der Abgeltung entgegen, dass die Ansprüche vor der Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit Ablauf des 31. März des zweiten auf das jeweilige Urlaubsjahr folgenden Jahres verfallen sind. Bei langjährig arbeitsunfähigen Arbeitnehmern sei die Bestimmung des BUrlG, wonach im Fall der Übertragung der Urlaub in den ersten drei Monaten des folgenden Kalenderjahrs gewährt und genommen werden muss, unionsrechtskonform so auszulegen, dass der Urlaubsanspruch 15 Monate nach Ablauf des Urlaubsjahres verfalle (BAG, 9 AZR 353/10).

 

[Q: WCR-P-09-2012]