In einer aktuellen Verhandlung vor dem Bundesgerichtshof wegen eines bei Audi eingebauten Skandalmotors EA189 tut sich der BGH möglicherweise schwer neben VW auch die VW-Tochter zu verurteilen. Der Vorsitzende Richter Stephan Seiters verlangt Anhaltspunkte dafür, dass die unzulässige Abgastechnik der Tochtergesellschaft Audi bei Bruttoübernahme bekannt gewesen sei. Dies sei offensichtlich noch nicht ausreichend dargetan, sodass das laufende Verfahren wohl an Vorinstanz zurückgegen wird. Sollte der BGH wirklich Audi schonen wollen, wäre das ein übles Fehlurteil.

 

Nach diesseitiger Rechtsauffassung muss sich Audi die Betrugshandlungen der Konzernmutter VW voll anrechnen lassen, ob Audi davon etwas gewusst hat oder nicht. Immerhin besteht Konzernhaftung und Audi hat den Motor übernommen mit allen Vor- und Nachteilen. Audi kann sich ja bei Volkswagen schadlos halten.

 

Dem Verbraucher jedoch aufzubürden, er müsse sich zwischen Volkswagen und AUDI entscheiden, ja er müsse sogar die internen Kenntnisse haben, wer welchen Motortyp entwickelt hat, wer welche Manipulation zu verantworten hat, ist vom Verbraucher zu viel verlangt. Ungeachtet dessen, kann es kaum sein, dass solche Manipulationen (Volkswagen und AUDI nennt es selber „Umschaltlogik“) nicht ohne Kenntnis des Produktherstellers heimlich miteingebaut werden können. Dann hätte außerdem der Verbraucher Anspruch zusätzlich gegen Volkswagen aus abzutretendem Recht von Audi, weil Audi dann selbst von der Muttergesellschaft reingelegt worden wäre.

 

Der Vorsitzende Richter Stephan Seiters scheint ein Bedenkenträger ohne Mut zu sein, und vor allem ohne korrekte Einschätzung der Realität.

 

Man muss sagen: Die Rechtsprechung befindet sich hier nicht auf neuem Terrain, sondern ggf. in der Sackgasse der Feigheit. Die Zweifel des Oberlandes des BGH sind unehrlich.

 

[BGH, Verfahren VI ZR 505/19]

 

Anmerkung:

Wir haben bislang in den meisten Fällen Klage nicht nur gegen Audi eingereicht, sondern auch gegen VW und auch gegen den ehemaligen Vorstand Rupert Stadler, der sich genau deswegen derzeit vor dem Landgericht München wegen des Vorwurfs manipulierter Dieselfahrzeuge verantworten muss.