Bei Angabe einer unrichtigen Laufleistung eines Motorrads beim Kauf im Internet kann der Käufer in der Regel selbst dann vom Kaufvertrag zurücktreten, wenn ein pauschaler Haftungsausschluss vereinbart wurde. Dem vom Bundesgerichtshof (BGH) entschiedenen Fall lag folgender Sachverhalt zu Grunde:
Der Kläger verlangt von dem Beklagten die Rückabwicklung des Kaufvertrags über ein Motorrad. Der Beklagte bot das Fahrzeug im Oktober 2003 im Rahmen einer sog. Internet-Auktion von eBay an. In dem Verkaufsformular gab er unter der Rubrik "Beschreibung" an: "Kilometerstand (km): 30. 000 km" und erklärte: "Krad wird natürlich ohne Gewähr verkauft […]". Der Kläger erwarb das Motorrad zum Preis von 5. 900 Euro.
Das Tachometer des Fahrzeugs weist - was auf dem Foto des Motorrads im Verkaufsformular nicht erkennbar war - die Geschwindigkeit sowohl in "mph" (Meilen pro Stunde) als auch in "km/ h" (Kilometer pro Stunde) aus. Die Wegstrecke zeigt das Tachometer ohne Angabe der Maßeinheit an. Sie betrug bei der Besichtigung durch den vom Landgericht beauftragten Sachverständigen 30. 431, 1; dabei handelte es sich nach dem unangegriffen gebliebenen Gutachten um Meilen, die umgerechnet 48. 965, 25 Kilometern entsprechen.Mit seiner Klage verlangt der Kläger u.a. die Rückzahlung des Kaufpreises von 5. 900 Euro Zug um Zug gegen Übergabe des Motorrades.
Der BGH begründete seine Entscheidung wie folgt:
Der Kläger war berechtigt, vom Kaufvertrag zurückzutreten, weil das Motorrad mangelhaft ist. Die Abweichung zwischen der vereinbarten Laufleistung von 30. 000 km und der tatsächlichen Laufleistung von mehr als 48. 000 km stellt einen Sachmangel dar, der nicht unerheblich ist.
Der Beklagte kann sich nicht mit Erfolg auf den vereinbarten Gewährleistungsausschluss berufen. Zwar gilt, dass, wenn der Verkäufer kein Händler ist, dann die Angabe der Laufleistung zumeist keine Beschaffenheitsgarantie ist, sondern lediglich eine Beschaffenheitsangabe. Allerdings ist der das Internet nutzende Käufer, der wegen der häufig großen Entfernung zum Verkäufer allenfalls ein in das Internet eingestelltes Foto oder auch Video der Kaufsache sehen kann, in höherem Maße auf die Angebotsbeschreibung des Verkäufers angewiesen als der Käufer, der die Kaufsache vor Vertragsabschluss besichtigen und untersuchen kann.Stehen nun eine Beschaffenheitsangabe und ein Haftungsausschluss nebeneinander, so ist dies regelmäßig so auszulegen, dass der Haftungsausschluss nicht für das Fehlen der vereinbarten Beschaffenheit, hier der Laufleistung von 30.000 km, gelten soll.
(BGH, Urt. v. 29.01.2006, VIII ZR 92/06)