Wenn man in Dieselklagen bei Gericht und unterwegs ist, geben sich die Richter große Mühe sich nicht anmerken zu lassen, dass die von der Prozessflut in Dieselklagen genervt sind.
Verursacher sind aber nicht die Dieselkläger, denen – jeweils die Gerichte auch regelmäßig bescheinigen – Opfer zu sein, als vielmehr die Hersteller, allen voran Volkswagen, die die Betrogenen noch in den Prozess laufen lassen. Erst wenn man richtig ernst macht, kommt dann oftmals vor der Gerichtsverhandlung oder einer Beweisaufnahme ein Vergleichsgebot. All das könnte man viel einfacher und kostengünstiger haben, aber die Konzerne blocken ab, wo es geht. Einziger Lichtblick ist im Moment Porsche und manchmal auch Audi, die in einzelnen Fällen nach pragmatischen Lösungen suchen. Vielleicht ist auch das Klientel dieser Marken sensibler als der „olle Golf-Käufer“.
Dennoch ist die Belastung bei den Gerichten weiterhin sehr hoch. Beim Oberlandesgericht Stuttgart sind über 1.300 Berufungsverfahren anhängig, hat der vorsitzende Richter Rainer Ziegler auf Anfrage gegenüber der Bild-Zeitung geklagt. Das Dieselthema habe ihn überrollt.
Jetzt kommt noch hinzu, dass die Dieselklagen beim Oberlandesgericht meist schwieriger zu händeln sind, als in der ersten Instanz. Zum einen muss das Oberlandesgericht sämtliche Überlegungen der Vorinstanz nachvollziehen und überprüfen. Dann kommt bei Diesel-Autos mit der Zeit immer mehr und mehr heraus, das bedeutet, der Wissensstand an Tatsachen im Jahre 2021 unterscheidet sich im Jahr 2019 möglicherweise erheblich. Wenn dann eine Sachfrage noch einen Sachverständigen anzuvertrauen ist, wird es noch schwieriger: Sachverständige sind in diesem Bereich rar und oftmals für lange Zeit ausgebucht.
Das sind aber Momente, auf die Autokonzerne zum Teil bewusst setzen. Je länger die Prozesse um ein Fahrzeug sich in die Länge ziehen, umso mehr Fahrkilometer hat das Fahrzeug in der Regel, umso geringer fällt der zu zahlende Schadensersatz aus. Es wird deshalb empfohlen, jedes vorläufig vollstreckbare Urteil entsprechend abzuwickeln und dann im schlechtesten Fall verunfallt der Kläger und das Fahrzeug ist einfach so schrott.
Beim Dieselskandal gilt wieder einmal: schnelles Geld ist gutes Geld!