Zwischenzeitlich steht fest: der neue Bußgeldkatalog vom Frühjahr diesen Jahres ist fehlerhaft. Nach beißender Kritik aus Juristenkreisen wurde der neue Bußgeldkatalog neun Wochen später wieder ausgesetzt. In der Zeit vom 28. April bis 2. Juli 2020 haben so manche Verkehrsteilnehmer im Vertrauen auf die Richtigkeit der Bußgeldbescheide ihre Strafe akzeptiert und bezahlt. Jetzt, wo herauskommt, dass die Rechtsgrundlage falsch war, müsste man meinen, dass der Staat die zu viel bezahlten Bußgelder ihren staatstreuen Bürgern zurückzahlt.
Wie die „Welt am Sonntag“ berichtet, haben sich die Bundesländer mit dem Verkehrsministerium vielmehr darauf geeinigt, die zu viel gezahlten Gelder in der Regel einzubehalten. Bundesweit geht es wohl um einen zweistelligen Millionenbetrag. Aus Rechtsstaat wird Unrechtsstaat. Verkehrsminister Andreas Scheuer gehört zu den Fettnapfministern in Deutschland. Jetzt hat er sich einen Napf hingestellt, wo gar keiner stand. Warum soll der Staat Gelder behalten, auf die er rechtlich gar keinen Anspruch hat. Auf die Rechtskraft der Bescheide zu pochen, ist für einen Staat schändlich, zudem falsch. Betroffene sollten jetzt formal einen Gnadenerlass stellen. Das sollten Sie auch. Wir werden in dieser Woche den Verkehrsminister noch anschreiben und um eine Generalgnadenamnestie für alle Betroffenen bitten. Tun sie das auch! Wenn Sie betroffen sind, stellen sie bei der Erlassbehörde und beim Verkehrsminister jeweils ausdrücklich schriftlich einen Antrag auf Gnadenerlass.
Dann steht noch folgendes an: es soll der formale Fehler der StVO-Novelle beseitigt werden. Strittig ist die Frage, ob das strenge Fahrverbot wirklich so umgesetzt werden soll (Fahrverbot ab 21 km/h innerorts und ab 26 km/h außerorts). Jetzt schlägt Scheuer einen Kompromiss um den Führerscheinentzug vor: die strenge Regelung sollen nur dort gelten, wo vor Schulen und Kindergärten geblitzt wird, also Führerscheinfalle für Auswärtige. Am Ende wird Andreas Scheuer in der Presse nur noch von einem gelobt, von Sascha Lobo in seiner Kolumne vom 29.7.2020 mit der Überschrift "dieser Mann ist so unglaublich gut im Schlechtsein".- Sascha Lobo hat recht.