Wenn man weiß, wie man hinkommt, braucht man fünf Klicks, um die Entscheidung im Wortlaut aufzufinden. Schon an der äußeren Form fällt die erste Unkorrektheit auf!

 

Während das Oberverwaltungsgericht Sachsen und auch die sonstigen Gerichte in Deutschland grundsätzlich die Urteile und Beschlüsse so veröffentlichen, dass am Ende die jeweiligen Richter namentlich als Unterzeichner gekennzeichnet sind, fehlen hier erstmals die Namen der Richter. Das ist kein Zufall. Nimmt das Oberverwaltungsgericht die Richter in Schutz? Warum wurden die Namen im Vorfeld entfernt? Wir haben bereits gegen das gesamte Richterkollegium des 6. Senats, die Richter Matthias Dehoust, Suzanne Drehwald und Bernd Groschupp Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht eingelegt. Bislang kam hinsichtlich diesen Personen noch keine „Richtigstellung“.

 

Was zweitens (inhaltlich) auffällt:

Die Richter haben die Vorentscheidung des Verwaltungsgerichts Leipzig u. a. mit der Begründung kassiert, dass die Annahme von mehr als 15.000 Demonstrationsbesuchern „spekulativ“ sei. Bei 15.000 Besuchern würde die Fläche am Augustus-Platz in der City gut und gerne ausreichen. Tatsächlich tat es das dann nicht. Völlig naiv gibt sich das Gericht dann mit der Begründung, dass bei Nichteinhaltung von Mindestabständen und Nichttragung von Mund-Nasen-Schutz die Polizei sich darum kümmern müsse. Um das zu gewährleisten, hätte man – selbstverständlich aus Steuergelder – gerade nochmals 15.000 Polizisten benötigt, die quasi jeden Demonstranten hätten dazu anhalten müssen, die Maske zu tragen und aufzubehalten. Aber Corona-Gegner und „Querdenker“ haben gar nicht vor, die Maske zu tragen oder aufzubehalten. Wenn der Senat dies nicht weiß oder nicht glaubt, dann liegt er so daneben, dass er wenigstens für die Zukunft geschlossen zurücktreten sollte.

 

Die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts erfolgte nicht im Namen des Volkes, sondern als „Gefährdung des Volkes“. Aber schon mit ihren Berechnungen lag der Senat völlig neben der Sache. Es liegt wohl nicht am „judex non calculat“, sondern an einem argumentativen Unterlaufen der Realitätsmomente. Die Richter rechnen sich die folgenschwere Entscheidung schön.

 

Auf dem Augustus-Platz hätte das Gericht einmal auch die gesamten Polizeibeamten, die notwendig gewesen wären, miteinrechnen müssen. Dann hätte es – gerade am Wochenende – die Innenstadtbesucher und Innenstadtbewohner voll und ganz miteinrechnen müssen. Es gibt keinen Grundsatz, dass die Bevölkerung weichen muss, wenn irgendwo eine Demonstration stattfindet. Wo sollten die Städtebummler, Einkäufer und sonstige Bevölkerung sich denn aufhalten? Was sollte mit den Nicht-Teilnehmern geschehen? Sollten die nicht mehr auf den Augustus-Platz dürfen? Die Bautzener Richter schließen die Leipziger Bürger bei Demonstrationen faktisch aus der City aus.

 

Was machen die Verwaltungsrichter, wenn jede Woche eine solche Demo angekündigt ist? Muss dann das Volk aus Leipzig draußen bleiben?

 

Selbst wenn es am Arbeitsplatz der Richter in Bautzen, um Bautzen und um Bautzen herum weniger aktive Bevölkerung geben sollte, schauen die Herren und die Richterin ziemlich sicher auch Fernsehen und wissen, was an Wochenenden in anderen Städten los ist, in denen es noch zu keiner Verödung gekommen ist. Die Genehmigung durch das OVG musste zum Chaos führen und hat es auch. Wie sollte die Polizei das managen?

 

Der Fehler liegt weder an der Polizei noch an der Politik, vielmehr an der schwachen Justiz im Einzelfall. Es gibt kein Recht auf Gefährdung oder Aussperrung Dritter.

 

Wir haben heute eine zweite Beschwerde hinterhergesandt mit der Aufforderung an den Präsidenten des Verwaltungsgerichts, die Namen der Richter – wie sonst auch üblich – wenigstens im Nachhinein zu veröffentlichen.

 

[ Link zur richterlichen Begründung: https://www.justiz.sachsen.de//ovgentschweb/documents/20B368.B02.pdf ]