Die Rechte des Einzelnen sind in der Verfassung geschützt. Die Grundrechte sind bekannt. Die eigenen Freiheiten stehen aber immer im Verhältnis zur Wirkung auf die Allgemeinheit. Eigentlich ist auch das bekannt. Viele Corona-Aktivisten leugnen vorsorglich die Gefahr, die von Covid-19 ausgeht, um diesen Spannungsbogen zu überspringen. Hüter der Verfassung sind aber nicht Demonstranten, als vielmehr das Bundesverfassungsgericht.

 

Corona-Beschränkungen sind auch psychisch Kranken zumutbar, urteilte das Bundesverfassungsgericht und lehnte einen Eilantrag eines Mannes aus Hessen, der seit Jahren an schweren Depressionen leidet, ab. Er argumentierte damit, dass die Kontaktbeschränkungen sein Leiden verschlimmern würden. Deswegen die Maßnahmen der Bundesregierung auszusetzen, lehnten die Richter in Karlsruhe ab. Zwar treffen die Kontaktbeschränkungen und Abstandsregeln psychisch kranke Menschen zum Teil besonders hart. Das ist aber kein Grund zur Aufregung, denn würde man die Corona-Beschränkungen aufheben, hätte das noch weitaus gravierendere Folgen. Das Einzelinteresse hat in der Folgenabwägung hinter das Allgemeininteresse zurückzutreten.

 

Was bedeutet diese Entscheidung generell?

 

Da die Beschränkungen in den Monaten März, April und Mai 2020 nicht politisch motiviert sind, sondern eine Reaktion auf eine weltweite Pandemie, wird an den Beschränkungen generell nichts zu ändern sein. Es mag sein, dass einzelne Maßnahmen in bestimmten Bereichen später vielleicht als so nicht notwendig beurteilt werden, doch im Großen und Ganzen hat der Staat nicht falsch gehandelt, er hatte handeln müssen. Eine andere Frage ist, ob diejenigen, die zum Schutz der Allgemeinheit "Sonderopfer" erbringen oder erbracht haben, einen Entschädigungsanspruch haben, ist noch nicht geklärt. Es spricht jedoch einiges dafür.

 

 

Für die Demonstranten, die sich um unsere Grundrechte sorgen heißt das: Geht heim, falscher Alarm, die Grundrechte sind nicht in Gefahr. Bitte nicht hilfsweise damit argumentieren, COVID-19 sei nur eine Grippe, sofern wenn Ihr nicht Mediziner oder Virologe seid oder Eure Schulnote in Biologie so überdurchschnittlich war, dass Ihr ein Stipendium angeboten bekommen habt und heute in dieser Disziplin als Fachmann oder Fachfrau gefragt seid. Es gibt andere und dringendere Probleme, für die es sich lohnt, auf die Straße zu gehen. Vom Aussterben bedroht sind neben dem Menschen viele Tierarten und Pflanzen, aktuell nicht aber die Grundrechte.

 

 

 

[BverfG, Beschluss vom 01.05.2020, Az. 1 BvQ 42/20]