Nach der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts in Leipzig, sind Bewohnerparkgebührensatzungen unzulässig, wenn anstatt einer Satzung eine Rechtsverordnung hätte erlassen werden müssen. Dies wird damit begründet, dass die bundesgesetzliche Regelung des § 6a Va StVG die Landesregierungen lediglich dazu berechtigt, Gebührenordnungen für das Ausstellen von Bewohnerparkausweisen zu erlassen und die Ermächtigung durch Rechtsverordnung weiter zu übertragen. Auf dieser Emächtigungsgrundlage stütz sich § 1 ParkgebVO des Landes Baden-Württemberg und sieht aber in Satz 2 bei Zuständigkeit der Gemeinden als örtliche oder untere Straßenverkehrsbehörden die Möglichkeit zum Satzungserlass vor. Genau dies hatte aber § 6a Va StVG nicht vorgesehen. Gemeinden sind in Bezug auf die Bewohnerparkgebühren, welche eben bundesgesetzliche Regelungen nach dem Straßenverkehrsgesetz sind, an die Vorgaben des Bundesgesetzgebers gebunden. Daher sind entgegen § 1 ParkGebVO die Gemeinden nicht zum Erlass der Gebührenordnungen durch Satzungen berechtigt. Dennoch haben viele Gemeinden von diesem Recht Gebrauch gemacht.
Das Urteil vom 13. Juni2023 bezieht sich auf die Bewohnerparkgebührensatzung der Stadt Freiburg im Breisgau vom 14. Dezember 2021. Dennoch kommen auch zahlreiche weitere Großstädte in Baden-Württemberg in Betracht, bei welchen die Gemeinden Gebührenordnungen durch Satzungen erlassen haben, was sich ebenfalls im Nachhinein als unwirksam herausstellen könnte.
Stadt Konstanz
Erst am 02.06.2022 hat der Gemeinderat der Stadt Konstanz eine neue Regelung für Bewohnerparkausweise getroffen, die Neuregelung trat zum 01.01.2023 in Kraft (Höhere Gebühren für Bewohnerparkausweise ab 2023 - Stadt Konstanz). Auch in Konstanz wurde statt einer vom Bund vorgesehenen Rechtsverordnung die Regelung über die Erhebung von Gebühren für die Bewohnerparkausweise als Satzung entscheiden (Bewohnerparkausweisgebührensatzung) entschieden (abrufbar unter: III_14 Satzung der Stadt Konstanz über die Erhebung von Gebühren für Bewohnerparkausweise (Bewohnerparkausweisgebührensatzung).pdf).
Der Satzungserlass wird neben § 4 der Gemeindeordnung für Baden-Württemberg (GemO) auch auf § 6a Va Straßenverkehrsgesetz (StVG) und den in Frage stehenden § 1 II Parkgebührenerhebungs-Delegationsverordnung gestützt (Verordnung abrufbar unter: Landesrecht BW § 1 ParkgebVO | Landesnorm Baden-Württemberg | - Bewohnerparkausweise | Delegationsverordnung der Landesregierung zur Erhebung von Parkgebühren (ParkgebVO) vom 14. Juli 2021 | gültig ab: 22.07.2021 (landesrecht-bw.de)).
Damit ist die Rechtslage in Konstanz vergleichbar mit der, der Stadt Freiburg im Breisgau.
Konsequenzen?
Fraglich ist, welche Konsequenz die Unwirksamkeit der Bewohnerparkgebührensatzung mit sich ziehen würde. In Konstanz hat bislang kein Normenkontrollverfahren zur Feststellung der Rechtswidrigkeit stattgefunden. Die Satzung selber ist bei Rechtsverstößen, grundsätzlich von Anfang an nichtig. Das bedeutet gleichzeitig auch, dass die Normen in der Satzung nicht als taugliche (Ermächtigungs-)Grundlage für Parkgebühren genutzt werden können. Ist wiederum die Satzung rechtswidrig, führt dies auch zur Rechtswidrigkeit der Gebührenbescheide die auf ihrer Grundlage erlassen wurden. Faktische Konsequenz ist, dass Bewohner Gebühren bezahlt haben, welche nicht der bundesgesetzlich vorgeschriebenen Form entsprachen. Fraglich ist somit, ob die Bewohner ihr Geld für die gezahlten Gebühren zurückverlangen können.
Belastende Verwaltungsakte können nach § 48 VwVfG zurückgefordert werden, es gibt aber ein Ermessen der Behörde. Ebenfalls steht es hierbei im Ermessen der Behörde ob der Verwaltungsakt alleine für die Zukunft oder auch in der Vergangenheit als nichtig anzusehen ist. Erfolgt die Rücknahme mit Wirkung für die Vergangenheit, wird üblicherweise auch das bereits gezahlte Geld zurückgefordert. Dies ist aber eine selbstständige Maßnahme mit der selbstständigen Ermächtigungsgrundlage des § 49a VwVfG.
Ob sich die Behörde aber für eine Rücknahme mit Wirkung für die Vergangenheit entscheidet, liegt wiederum in ihrem Ermessen. Dagegen spricht insbesondere, dass sie sich so einer Vielzahl von Rückforderungsbegehren stellen müsste, was sie mit Sicherheit vermeiden will. Ob damit eine Geldrückzahlung möglich wäre und für wen, bleibt damit abzuwarten.
Weitere Gründe der Rechtswidrigkeit
In Freiburg führten neben den oben dargestellten Gründen noch zwei weitere Umstände zur Rechtswidrigkeit.
Zum einen wurde eine Ermäßigung für Bezieher von Sozialleistungen und für Schwerbehinderte zugelassen. Eine solche Privilegierung aus sozialen Gründen hat der Gesetzgeber aber ebenfalls nicht vorgesehen. Ebenso war eine Gebührenstaffelung je nach Länge des Fahrzeugs geregelt, welche gegen den allgemeinen Gleichheitssatz aus Art. 3 I GG verstößt.
In Konstanz finden sich in § 3 der Bewohnerparkausweisgebührensatzung Vorschriften zur Gebührenermäßigung. Hiernach kann gemäß Absatz 1 bei Vorlage eines Konstanzer Sozial- und Pflegepasses die Gebühr um 50 % reduziert werden. Ebenso ist in Absatz 2 eine Gebührenbefreiung für Schwerbehinderte vorgesehen. Damit ist auch hier eine Parallele zu Freiburg am Breisgau und damit ein Grund für die Unwirksamkeit gegeben.
Eine Regelung zur Ungleichbehandlung bei unterschiedlichen Fahrzeuglängen findet sich hingegen in der konstanzer Satzung nicht.
[Bundesverwaltungsgericht Urteil vom 13.06.2023, Az. 9 CN 2.22]