Kann der Chef verlangen, dass sich ein Mitarbeiter impfen lässt? Von Gesetzes wegen gibt es derzeit keine generelle Impfpflicht und wird es wahrscheinlich auch nicht geben.
Die Rechtsanwältin Alexandra Henkel ist in einem Fachbeitrag ("Darf der Chef eine Impfung verlangen? " ntv.de am 04.01.2021) der Auffassung, dass das Weisungsrecht des Arbeitgebers grundsätzlich keine Impfpflicht umfassen kann, weil die Grundrechte der Arbeitnehmer auf körperliche Unversehrtheit hier vorgehen. Impfen ist nach dieser Auffassung „Privatsache“.
Das wird vermutlich aber nur insoweit gelten, soweit Angestellte nicht von Berufswegen (regelmäßig) mit schutzbedürftigen Personen in Kontakt kommen, wie zum Beispiel Ärzte oder Pfleger: Was ist aber mit dem Betreuer, der von Amtswegen beruflich regelmäßig mit älteren Betreuten in Kontakt kommt? Es kann letztlich nicht sein, dass sich der Arbeitgeber bzw. das Unternehmen einem Haftungsrisiko aussetzt, weil der Arbeitnehmer sich nicht impfen lassen will. Er kann die Freiheit diesbezüglich behalten. Dann muss er aber möglicherweise die Arbeitsstelle verlassen.
Eine abgemilderte Version wäre der beschränkte Zugang zu bestimmten Bereichen für Mitarbeiter, die beispielsweise nicht geimpft sind.
Auch können Arbeitnehmer Entschädigungsansprüche verlieren, wenn sie mangels Impfung in Quarantäne müssen und für diese Zeit ausfallen oder an Corona erkranken und in der Folge ausfallen. Hier meint die Autorin Henkel, dass die Nichtdurchführung einer Impfung nicht als verschuldete Erkrankung anzusehen sei, eher ein Problem darstelle, wenn sich der Erkrankte nicht an geltende Schutzregelungen hält, was man ihm aber nachweisen müsse. Die Autorin hält den Nachweis für eher unwahrscheinlich. Nach unserer Kenntnis ist die Erkrankung mit einem bestimmten Virenstamm wie ein Fingerabdruck unterscheidbar, wenn man auch die Überträger kennt. Letztlich ist das das Problem. Das ist es aber bei „Kausalketten“ immer. Kann ich nachweisen, wo sich wer von wem angesteckt hat, kann dies nicht nur zum Verlust der Lohnfortzahlung führen, sondern auch Schadensansprüche gegen den „Anstecker“ generieren, wenn der sich seinerseits vorwerfbar verhalten hat.
Das Konsumieren von Testungen kann später dem Nachweis von Schadensersatzansprüchen dienen. In Ischgl kann dies noch entsprechende Folgen haben. Die strafrechtlichen Ermittlungen laufen noch.