(1.) Das deutsche Recht kennt kein Noterbrecht oder Zwangserbrecht wie z.B. die Schweiz; es gibt den nächsten Angehörigen nur einen Anspruch auf Zahlung in Höhe der Hälfte des Wertes ihres gesetzlichen Erbteils.

 

(2.) Pflichtteilsberechtigte sind die Abkömmlinge, der Ehegatte und die Eltern des Erblassers sowie der eingetragene Lebenspartner (§ 10 Abs. 6 LPartG), nicht aber Großeltern oder Geschwister.

Das Pflichtteilsrecht entsteht nur dann, wenn der Pflichtteilsberechtigte ohne eine Verfügung von Todes wegen zum gesetzlichen Erben berufen gewesen wäre. Ausnahmsweise hat man kein Pflichtteilsrecht, wenn der Pflichtteil rechtmäßig entzogen wurde (§§ 2333 ff. BGB), wenn man auf den Pflichtteil verzichtet hat (§ 2346 BGB), wenn man erbunwürdig ist (§ 2339 BGB) oder wenn man die Erbschaft ausgeschlagen hat, ohne dass die Voraussetzungen des § 2307 BGB oder § 1371 BGB vorgelegen hätten.

 

(3.) Die Höhe des Pflichtteils beträgt die Hälfte des Wertes des gesetzlichen gesetzlichen Erbteils (§ 2303 Abs. 1 S. 2 BGB). Etwas anderes gilt für den Pflichtteil des Ehegatten bei einer Zugewinnge-meinschaftsehe. Ist der Ehegatte enterbt und steht ihm kein Vermächtnis zu oder hat er die Erbschaft ausgeschlagen, so berechnet sich sein sog. kleiner Pflichtteil nur auf der Grundlage von § 1931 Abs. 1 BGB, neben Kindern also 1/8 (§ 1371 Abs. 2 BGB). In allen anderen Fällen, in denen es um den Pflichtteil des Ehegatten geht, z.B. beim Zusatzpflichtteils des § 2305 BGB, wird der sog. große Pflichtteil zugrunde gelegt, der nach §§ 1931 Abs. 1, 1371 Abs. 1 BGB zu berechnen ist, also neben Kindern ¼.

 

(4.) Bei der Berechnung des gesetzlichen Erbteils als Grundlage für die Berechnung des Pflichtteils werden diejenigen mitge-zählt, die durch letztwillige Verfügung von der Erbfolge ausge-schlossen wurden, die die Erbschaft ausgeschlagen haben oder für erbunwürdig erklärt wurden (§ 2310 S. 1 BGB). Nicht mitgezählt werden dagegen diejenigen, die durch Erbverzicht von der Erbfolge ausgeschlossen worden sind (§ 2310 S. 2 BGB). Der bloße Verzicht auf das Pflichtteilsrecht (§ 2346 Abs. 2 BGB) führt also nicht dazu, dass man nicht mitgezählt wird.

 

(5.) Der Wert des Nachlasses bestimmt sich nach dem Zeitpunkt des Erbfalls. Maßgeblich ist grundsätzlich der Verkehrswert (ausgenommen bei Landgütern) (§ 2311 BGB).

 

(6.) Eine Anrechnungspflicht besteht hinsichtlich von Vorempfängen, bei denen im Zeitpunkt der Zuwendung die Anrechnung vom Erblasser bestimmt worden ist (§ 2315 BGB).

 

(7.) Ausgleichungspflichten haben gem. § 2316 BGB Auswir-kungen auf den Pflichtteil eines Abkömmlings, wenn ein Abkömmling enterbt wurde. Dessen ausgeglichener Erbteil ist maßgeblich für den Pflichtteil, er ist also zu halbieren.

 

(8.) Der Pflichtteilsanspruch ist im vollem Umfang begründet, wenn der Pflichtteilsberechtigte vollständig enterbt ist (§ 2303 BGB). Hat der Pflichtteilsberechtigte einen Erbteil zugewandt erhalten, der geringer ist als der Pflichtteil, maßgeblich ist die Quote, so kann er von den Miterben verlangen, dass diese ihm die Diffe-renz zum Pflichtteil zahlen, sog. Zusatzpflichtteil (§ 2305 BGB).

 

(9.) Hat der Erblasser dem Pflichtteilsberechtigten nur ein Ver-mächtnis zugewandt, so hat der Pflichtteilsberechtigte die Wahl, ob er das Vermächtnis ausschlagen und den vollen Pflichtteil verlangen, oder ob er das Vermächtnis annehmen und zusätzlich die Vervollständigung zum Wert des Pflichtteils verlangen will (§ 2307 BGB).

 

(10.) Hat der Erblasser dem Pflichtteilsberechtigten einen Erbteil hinterlassen, der geringer ist - nach seinem Bruchteil - als der Pflichtteil und diesen noch mit Teilungsanordnungen, Vermächtnissen oder einer Testamentsvollstreckung beschwert, dann entfallen alle diese Beschwerungen (§ 2306 Abs. 1 S. 1 BGB). Zusätzlich steht ihm dann noch der Zusatzpflichtteil zu.

 

(11.) Hat der Erblasser dem Pflichtteilsberechtigten ein Erbteil hinterlassen, der größer – der Quote nach - ist als der Pflichtteil ist, und hat er diesen mit Teilungsanordnungen, Vermächtnissen oder einer Testamentsvollstreckung beschwert, dann hat der Pflichtteilsberechtigte die Wahl: Er kann sich entweder damit abfinden oder er kann die Erbschaft ausschlagen und den Pflichtteil verlangen (§ 2306 Abs. 1 S. 2 BGB).