Spontane Äußerungen eines Verdächtigen sind verwertbar auch bei fehlender Belehrung über die Beschuldigtenrechte, wenn keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass Belehrungspflichten nach §§ 136 I 2, 163 a II 2 StPO gezielt umgangen wurden, um den Betroffenen zu einer Selbstbelastung zu verleiten. Die Belehrung nach § 136 I 2 StPO soll sicherstellen, dass ein Beschuldigter nicht im Glauben an eine vermeintliche Aussagepflicht Angaben macht und sich damit unfreiwillig selbst belastet.
Fraglich wurde angesehen, ob die Grundsätze ohne Einschränkung auch dann geltend, wenn der Polizeibeamte keine gezielte Befragung durchführt, sondern lediglich passiv spontane Äußerungen des Verdächtigen entgegennimmt, dieser sich hiermit selbst belastet. Nach der Rechtsprechung des BGH kommt es lediglich auf die bewusste Umgehung der Belehrungspflichten an. Wenn der Betroffene von sich aus aussagewillig ist und zu einer Aussage nicht in unzulässiger Weise gedrängt wurde, verstößt die Verwertung weder gegen die StPO noch für den verfassungsrechtlich verankerten Grundsatz eines fairen Verfahrens.
(BGH NJW 2009, 3589; Beschluss vom 09.06.2009 – 4 StR 170/09)
UPDATE:
Grundsätzlich gilt: eine Verwertung zulässig, wenn keine Verfahrensfehler vorliegen
Spontanäußerungen, die außerhalb einer Vernehmungssituation erfolgen (z. B. beim Transport, bei Hausdurchsuchungen, im Gespräch mit Beamten), dürfen grundsätzlich verwertet werden – es sei denn, sie wurden unter Verletzung prozessualer Belehrungspflichten erlangt.
Beweisverwertungsverbot bei unterlassener Belehrung: Nach ständiger BGH-Rechtsprechung (z. B. BGHSt 38, 214; BGH NJW 2021, 1549), wenn die Spontanäußerung in einer Situation erfolgt, die faktisch einer Vernehmung gleichkommt, muss belehrt werden (§ 136 StPO, § 55 StPO). Erfolgt keine Belehrung, unterliegt die Aussage regelmäßig einem Beweisverwertungsverbot.
Beispiel:
Ein Beschuldigter wird von der Polizei zur Wohnung gebracht, dort befragt ihn ein Beamter beiläufig („Ist das Ihr Handy?“), worauf er ohne vorherige Belehrung antwortet. Diese Aussage ist nicht verwertbar, wenn der Beschuldigte sich in einer Situation befindet, in der er als solcher behandelt wird.
Die Gerichte prüfen u. a.:
War dem Betroffenen bewusst, dass er nicht reden muss (Schweigerecht)
Lag eine vernehmungsähnliche Situation vor, auch ohne formelle Vernehmung.
Hat der Beamte gezielt Fragen gestellt oder nur beiläufig kommuniziert?
War der Betroffene festgehalten oder fühlte sich zur Aussage verpflichtet?
War die Äußerung spontan aus eigenem Antrieb oder doch veranlasst?
Auch bei informatorischen Gesprächen (z. B. mit Zeugen, bei Durchsuchungen) gelten Einschränkungen:
Wird ein Zeuge faktisch als Beschuldigter behandelt, ist er zu belehren.
Nicht belehrte Zeugen, die sich später als Beschuldigte herausstellen, können unter einem Verwertungsverbot stehen (vgl. BGH, Urteil vom 29.10.1992 – 1 StR 437/92).
Zusammenfassung
Situation | Belehrung erfolgt? | Verwertbarkeit der Spontanäußerung |
---|---|---|
Spontane Aussage im Gespräch (kein Zwang) | Nein | Grundsätzlich verwertbar, wenn keine Vernehmung |
Spontane Aussage in vernehmungsähnlicher Situation | Nein | Beweisverwertungsverbot wegen Belehrungspflicht |
Spontane Aussage nach ordnungsgemäßer Belehrung | Ja | Verwertbar, volle Zulässigkeit |
Spontane Aussage von Zeuge, der faktisch Beschuldigter ist | Nein | Verwertungsverbot, wenn keine Umbelehrung erfolgt |
TIPP: Reden Sie immer zuerst mit einem Anwalt und erst dann mit der Polizei !! ... wenn es danach dann überhaupt noch notwendig ist bzw. lassen Sie ihren Anwalt sprechen!
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