Heute beginnt das Verfahren einer Klage der Ukraine gegen Russland und einem damit verbundenen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung auf Einstellung sämtlicher Militäraktionen. Die öffentlichen Anhörungen in dem Dringlichkeitsverfahren sollen heute und morgen stattfinden.
Inhaltlich geht es um die Behauptung Russlands, dass die Ukraine in den Gebieten Luhansk und Donezk, gegenüber der russischen Minderheit, einen Völkermord beginge. Dies behauptete Putin in einer öffentlichen Fernsehansprache vom 21.02.2020, um den Einmarsch in die Ukraine zu rechtfertigen. Beweisen ist Russland dann in der Folge schuldig geblieben. Russland muss jetzt in diesem Verfahren Beweise vorlegen, sonst droht ein Urteil, wonach der Angriff auf die Ukraine als Überfall und bewusster Völkermord eingestuft wird. Dann wäre Russland ab sofort ein „Schurkenstaat“. Die Folge wäre die Aufforderung zur Einstellung sämtlicher Kampfhandlungen. Auch wenn der Internationale Gerichtshof die Einstellung von Kampfhandlungen nicht umsetzen kann, hat dies öffentliches Gewicht.
Eine Durchsetzung über die vereinten Nationen wird leider am Veto-Recht Russlands scheitern. Es ist ohnehin zu überlegen, ob Länder, die in einem solchen Verfahren „Betroffene“ sind, nicht von der Abstimmung im jeweiligen Fall der Selbstbetroffenheit ausgeschlossen sein sollten.
Update 07.03.2022, 14 Uhr:
Der russische Botschafter hat heute erklärt, dass man die Anhörung verweigern wolle. Das bedeutet, dass Russland sich gar nicht verteidigen möchte (wohl, weil man keine beweisfesten Argumente hat). Die Ukraine drängt nun darauf sobald als möglich ein Urteil zu erlassen. Das könnte vorliegend eine Art „Versäumnisurteil“ werden. Ein Urteil des UN-Gerichts ist als solches bindend. Nur hat das Gericht keine Möglichkeit, die Entscheidung hoheitlich durchzusetzen. Darauf spekuliert Russland wohl.
Das Verhalten zeigt aber, dass Russland ganz offen jegliche Rechtsstaatlichkeit ablehnt. Der angebliche Genozid an der russischen Minderheit auf dem Gebiet der Ukraine dient nur dazu dem eigenen Volk ein Narrativ präsentieren zu können. Das eigene Volk anzulügen ist Teil der aggressiven Kriegspropaganda.