In einer wegweisenden Entscheidung hat der BGH am 10. April 2018 das Informationsinteresse der Öffentlichkeit über die unternehmensbezogenen Interessen der Bio-Landwirte gestellt, die Missstände in ihrem Betrieb am Liebsten vertuschen wollten.

2012 haben Tierschützer in zwei Hühnerställen der Bio-Bauern des Erzeugerzusammenschlusses Fürstenhof heimlich gefilmt. Die „gewonnenen“ Bilder haben nichts, rein gar nichts mit dem Werbevideo auf www.eg-fuerstenhof.de gemein. Zu sehen sind nämlich tote Tiere und gerupfte Hühner im dunklen Stall, unangemessene Massentierhaltung. Nachdem der MDR die Bilder im Fernsehen gezeigt hat, ging der Erzeugerzusammenschluss gegen den Sender vor. Während das LG und das OLG Hamburg den Fernsehsender auf Unterlassung weiterer Ausstrahlungen verurteilte, hob der BGH die Urteile der Vorinstanzen auf und wies die Unterlassungsklage der Bio-Landwirte ab. Der BGH hob hervor, dass die Bilder zwar möglicherweise rechtswidrig zustande gekommen sind, aber „die Art der Hühnerhaltung“ wahrheitsgemäß dokumentiere. Die filmische Aufbereitung durch den MDR zeige die Diskrepanz zwischen den bei Bio-Produkten von vielen Verbrauchern unterstellten ethischen Standards und die tatsächlichen Verhältnisse angesichts einer Massenproduktion von Bio-Produkten.

Jenseits von 40 ist der Spaß vorbei, zumindest vor der Diskothek. Ein 44-jähriger Partygänger scheiterte an einem Türsteher, weil dieser ihn für zu alt hielt. Der Partygänger war ob dieser Einschätzung verstimmt und forderte daraufhin eine Entschädigung wegen Altersdiskriminierung in Höhe von 1.000,00€ vom Veranstalter, der die Zahlung verweigerte. Der Mann scheiterte dann in der Folge auch beim Amtsgericht und beim Landgericht München. Die Gerichte konnten keinen Verstoß gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgrundsatz (AGG) erkennen. Die Kränkung, von dem Türsteher als zu alt empfunden zu werden, sei hinzunehmen, da der Veranstalter grundsätzlich ein Auswahlrecht unter den Gästen hat, die er für die jeweilige Veranstaltung als geeignet empfindet.

War der Lockdown staatlich verordnet, steht den betroffenen Unternehmern möglicherweise ein viel weitgehender Entschädigungsanspruch zu, als bislang in der Öffentlichkeit und von Verbänden diskutiert wird. Wir haben bundesweit für eine Reihe von Gastronomen, Hotelbetriebe, Schausteller, Diskothekenbetreiber, Einzelhändler, Künstler wegen Veranstaltungsausfall u.a. Entschädigungsanträge gestellt, soweit die verordnete oder faktische Betriebsschließung der Anwendung des Infektionsschutzgesetzes beruht und in der Folge zum Stillstand des Geschäftsbetriebes geführt hat. Der gesetzliche Lockdown war politisch beabsichtigt und nach der Gemengelage wohl auch (in der Intensität) vorsorglich sinnvoll. Von ganzen Branchen wurden hierbei Sonderopfer abverlangt, die zumindest analog zu einem Entschädigungsanspruch führen. Davon umfasst ist grundsätzlich der durchschnittliche Umsatz, der durch die Betriebsschließung verloren ging. Im Zweifel berechnet sich der Umsatzverlust aus den Vergleichsmonaten bzw. Vergleichswochen des Vorjahres.

Herr James Liang befindet sich im Ruhestand. Er ist auf Bewährung frei. Zuvor saß er in den USA ein Haft wegen manipulierter Dieselfahrzeuge. Neben dem VW-Manager Oliver Schmidt ist damals auch der VW-Ingenieur James Liang verhaftet  worden. Das Problem für Volkswagen ist: Herr Liang weiß viel. Und er saß vielleicht auch als Lückenbüßer für andere. Wir haben ihn bereits in mehreren Dieselklagen als Kronzeuge benannt, insbesondere für den Fall, dass dem ehemaligen Vorstand Dr. Martin Winterkorn die Erinnerung fehlen sollte.

Es ist wohl der größte industrielle Betrug in der Nachkriegsgeschichte Deutschlands. Durch Fehlverhalten der Führungsriege bei VW ist dem Konzern schon jetzt ein Milliardenschaden entstanden. Und jetzt das: die ermittelnde Staatsanwaltschaft stellte das Verfahren gegen eine Auflage ein, die allenfalls in Aktionären und Fahrzeugkäufern weh tut. Die 9 Millionen € zahlen nicht etwa die Beschuldigten, als vielmehr die Volkswagen-Aktionäre und die künftigen Autokäufer im Rahmen des Kaufpreises.

 

Die Frage, wer wann was in diesem Skandal musste, ist von essenzieller Bedeutung für die Aufarbeitung und Haftungszuordnung der Verantwortlichen. Und zwar nicht nur für die Pflichtmitteilungen an der Börse, sondern auch in den vielen tausenden Betrugsprozessen, wo den Käufern reihenweise dreckige Diesel verkauft wurden. 'Schwere der Schuld' dürfte hier nicht zu verneinen sein.

 

Die Einstellungsmöglichkeit nach § 153 a Strafprozessordnung (Zahlung einer Geldauflage) wurde entwickelt, um die Justiz von kleineren Straftaten zu entlasten. Nicht gedacht ist diese Regelung für gewerbsmäßigen millionenfachen Betrug. In keinem anderen Nachkriegsprozess ist – bereits gemessen an der Anzahl der Geschädigten – das Aufklärungsinteresse der Opfer, der Wirtschaft und des Rechtsstaates mehr gegeben als in dieser Sache.

 

Wie Volker Votsmeyer im Handelsblatt vom 21.05.2020 richtig festgestellt hat, schadet der Dielen im VW-Prozess dem Rechtsstaat. Dagegen erscheint die Kommentierung von Martin Murphy in der gleichen Zeitung vom 20.5.2020, dass die Empörung über das Verfahrensende 'fehl am Platze' sein wie ein neues Murphy's Law. Wenn angeblich die Belege noch nicht ausreichen, muss eben weiter ermittelt werden. Bequemlichkeit ist kein Einstellungsgrund. Zu bedenken ist auch, dass es hier um ein pflichtwidriges Unterlassen geht. Es ist hier nicht bekannt, wann diese Personen die betrügerischen Verkäufe der Fahrzeuge eingestellt und unterbunden haben. Es geht nicht darum, ob Diess und Pötsch den Dieselbetrug 'erfunden' haben, sondern um die Frage, warum sie den Betrug nicht sofort gestoppt haben. Das darf man von den Managern eines Weltkonzerns erwarten, insbesondere bei deren Gehältern.

 

Wahrscheinlich wird die Verfahrenseinstellung für die die Dealmaker auf beiden Seiten noch ein Nachspiel haben.